Cäzillia Ottilinger (geborene Lohner)
Cilli, wie sie allgemein genannt wurde und heute noch jedem bekannt ist, wurde am 8. Dezember 1939 als fünftes von sechs Kindern geboren. Die Eltern hatten ein landwirtschaftliches, vom Großvater erworbenes Anwesen. Vier Mädels und zwei Buben, die beide, ein Bub kurz nach der Geburt an Diphtherie und der andere im Kindesalter, damals noch an Keuchhusten, verstarben. Ein Schicksal, das die Familie nur mit Arbeit und Beten überwand. Es waren Kriegszeiten, auf dem Land konnte man sich Gott sei Dank selbst versorgen. Einmal, so erinnert Cilli Ottilinger, dass sie in Richtung Augsburg Leuchtkugeln am Himmel sahen. „Das sind die Christkugeln zu Weihnachten,“ erklärte die Mutter. Ungefähr mit acht oder auch neun Jahren, nach der Kommunion, kam Cilli nach Allmering in der Gemeinde Rehling zur Tante, die dort neben der Landwirtschaft ein Wirtshaus betrieb. Alle halfen mit, auch Cilli, die das Zusammensein mit den vielen verschiedenen Menschen, die die Gastwirtschaft besuchten, liebte. Das war anders als in der Landwirtschaft zu Hause, wo jeder sein Tun auf dem Feld oder im Stall hatte, die Arbeit geschafft werden musste und nicht gesprochen wurde. Die Hilfe von Kindern in den elterlichen oder auch verwandtschaftlichen Betrieben war damals selbstverständlich, wurde nicht als Kinderarbeit oder Ausbeutung
verstanden. Es war auch in den schweren Nachkriegszeiten normal, dass Kinder aus kinderreichen Familien
in der Verwandtschaft unterkamen. So war es dann ein „Esser“ weniger am großen Dreigenerationentisch.
Cilli Lohner fühlte sich wohl in Allmering. Die Tante konnte gut mit Kindern. Morgens ging sie mit ihrem Ranzen die 1,5 Kilometer zu Fuß zur Schule. Bei Wind und Wetter. Am Nachmittag half sie, wo es nötig war – oftmals auch bis spät am Abend. Fünf Jahre, bis zum Schulabschluss, verbrachte sie dort, bis die Tante eines Tages mit einer Arbeit nicht zufrieden war und Cilli von einen Tag auf den anderen nach Schnellmannskreuth zurück auf den elterlichen Hof schickte. Dort arbeitete sie dann in allen Belangen eines landwirtschaftlichen Betriebes mit Vieh und Ackerbau. An Ausbildung war nicht zu denken. Im März 1962 heiratete Cilli Michael Fischer und betrieb mit ihm die Landwirtschaft. Drei Kinder wurden dem Ehepaar geschenkt. Der Zwillingsbruder des ersten Kindes verstarb bald nach der komplizierten Geburt. Nach der Entbindung des ersten Zwillings Michael wurde die Gebärende vom
Krankenhaus in Pöttmes nach Neuburg in das bis 1978 auf Frauen und Kinder spezialisierte Krankenhaus transportiert. Aber der zweite Zwilling Joseph verstarb an Gelbsucht. Für die junge Mutter eine große Pein. In den Jahren danach erblickten noch ein Sohn und eine Tochter das Licht der Welt. Am 21. Juni 1968 wurde Cilli Fischer vom zweiten Schicksalsschlag ereilt. Ihr Mann Michael verstarb an einer Gehirnblutung. Dieses Datum weiß sie genau – und es hörte nicht auf. Am Abend der Beisetzung brannte die Scheune durch einen Blitzeinschlag komplett ab. Das war zu viel.
Cilli überlebte durch die viele Arbeit. Die Mutter hat sich um die Kinder
gekümmert. Erst als die Kinder sagten, dass sie Hunger haben, da regte sich etwas in ihr, ihre Muttergefühle retteten sie aus dem Trauma. Eineinhalb Jahre später heiratete sie Alois Ottilinger. Eine Witwe allein auf einem Hof mit drei Kindern, keine Rente–das ging nicht. Und das Schicksal machte nicht halt. Cilli, jetzt Ottilinger, verlor ihre Tochter Cilli aus erster Ehe bei einem Autounfall am 10. August 1980, sie war erst 18; und vor zwei Jahren ihren Sohn Michael Fischer an Darmkrebs. Sie selbst hat den Krebs bisher überwunden. Früh wurde er erkannt und konnte operativ entfernt werden. Die Chemo habe ihr geholfen. 32 Jahre hat Cilli Ottilinger im Landfrauenchor unter dem Chorleiter und ehemaligen stellvertretenden Landrat Rupert Reitberger gesungen. Sie haben Reisen gemacht, waren zweimal in Berlin und sogar in Sibiu, ehemals Hermannstadt in Siebenbürgen, Rumänien. „Mein Gott, diese Armut, die Straßen – diese armen Menschen, dass es so etwas noch gibt, das hätte man nie geglaubt“, nachdenklich und noch heute betroffen kommt es aus dieser tapferen Frau. „Wenn man das sieht, kann man nur zufrieden sein.“
Cäzillia Ottilinger liebt ihren Garten. Gartenarbeit tue ihr gut, die Finger in die Erde stecken, Säen und Ernten – mit
bald 84 Jahren ist sie immer noch die erd- und der Landwirtschaft verbundene Frau. Und Stricken – Trachtenwesten und Socken. Wer rastet der rostet – nicht so Cäzillia Ottilinger. Ihr Sohn, Josef Fischer aus der kurzen ersten Ehe, lebt in Untermaxfeld, ihre Tochter Monika aus der Ehe mit Alois Ottilinger, vor zwei Jahren feierten sie goldene Hochzeit, lebt mit auf dem Hof, der heute verpachtet ist. Cäzillia Ottilinger ist Großmutter von vier Enkelkindern.
Wie ist das alles zu ertragen? Mit Humor, den habe sie nicht verloren, der vielen Arbeit, die ablenkt und: Die Dinge annehmen, das habe ihr zeitlebens geholfen.
„Ja – und beten, das hilft und erleichtert.“
So Cilli Ottilinger, eine aufgeschlossene und immer freundliche Frau – zufrieden, trotz allem.