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Das Kaschtnbauer-Haus und Familie Paula

Mary-Ann Stotko • 24. Juni 2022

Karolina Paula

Ganz nah an die große Pöttmeser Pfarrkirche St. Peter und Paul fügt sich das Kaschtnbauer-Haus mit seinen dunkelgrünen Fensterläden. Ein Anwesen, das seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Besitz der Familie Paula ist. Hüterin der Familiengeschichte ist Karolina Paula. Seit dem Tod ihres Mannes, dem Kunsthistoriker und Denkmalpfleger Dr. Georg Paula, (* 23. Mai 1955 in Pöttmes; † 26. März 2014) bewahrt sie im Sinne ihres Mannes das Andenken an das Kaschtnbauer-Haus mit seiner Geschichte, das auch Zeitgeschichte dokumentiert. Um einen tieferen Einstieg in die Historie der Familie und des Anwesens zu gewinnen, besuchten wir Frau Paula in München.
Der Giebel des Kaschtnbauer-Hauses verrät einiges: 1808, das Baujahr und das Kreuz, das die Nähe zur Kirche bezeugt, nicht nur geographisch, sondern auch die geistige Verbundenheit seiner Bewohner, die über Generationen der Kirche als Mesner dienten. Die niedrigen Innenräume des kleinen Hauses und die schlichte Einrichtung zeigen, wie einfach das Leben früher war. Der Hausname entstammt aus Zeiten des Schreinermeisters Xaver Paula  (1842 – 1920). Zu seiner Zeit nannte man einen Schreiner „Kaschtenbauer“, da er aus einem Kasten z.B. einen Schrank baute.
Die letzte Bewohnerin Johanna Paula (1894 – 1981), geborene Meyer aus Kühnhausen und Großmutter von Karolinas Mann, Georg jun., lebte dort bis zu ihrem Tod. Moderner Komfort, wie fließendes Wasser ist erst in den 60ger-Jahren angeschlossen worden. Bis dahin wurde im Keller das notwendige Wasser vom Grundwasserbestand hochgepumpt. Baden und Duschen? Fehlanzeige. Es gab einen Krug und eine Waschschüssel. Obwohl in den 70er-Jahren eine Ölheizung eingebaut wurde, heizte Johanna nach wie vor mit Holz, schlief in den Sommermonaten im Schafzimmer, aber als die Tage kürzer und kälter wurden, zog sie in die Küche, wo der Holzofen durchgehend für Wärme sorgte. Im Alter verbrachte sie die Wintermonate in München bei ihren Kindern, doch ab Ostern zog es sie wieder ins Kaschtnbauer-Haus nach Pöttmes.
Dass Johanna Paula und ihr Mann Georg (senior) bis 1951 Vieh hielten und ein von der Landwirtschaft geprägtes Leben führten, lassen die anliegenden Stallungen hinter der Werkstatt, die Futtertröge in den Außengebäude und die Mistplatte im Innenhof erkennen.
Johanna und Georg hatten drei Söhne: Der im Jahre 1921 geborene Georg, vier Jahre später sein Bruder Jakob, und Willi, der jüngste, der 1927 auf die Welt kam. Der Krieg brachte viel Leid. Johanna und ihr Mann verloren zwei ihrer drei Kinder. Jakob fiel in Stalingrad und Willi verstarb in russischer Gefangenschaft an Typhus. Es blieb ihnen noch Georg, dessen Rettung sein kluger Kopf war. Wegen seiner herausragenden Begabungen in Mathematik und Sprachen wurde er nicht eingezogen, sondern für auch im Krieg notwendige Büroarbeiten eingesetzt.
Nach dem Krieg studierte er Mathematik, fand in München Arbeit und heiratete. 1955 wurde Karolinas Mann Georg, jun. geboren. Bevor die Familie nach München zog, lebte sie, bis Georg, jun. drei Jahre alt war, in Pöttmes.
Oft besuchten Georg jun. und seine Frau Karolina Paula mit ihren Kindern Oma Johanna in Pöttmes. Noch nach ihrem Tod verbrachte die Familie Ferien und Wochenenden im Kaschtnbauerhaus. Für Dr. Georg Paula waren es Kindheitserinnerungen und der Bezug zu Pöttmes.
Nach seinem Tod 2014 sortierte Karolina wichtige familienrelevante Erinnerungsstücke und Dokumente.

Interview und Text: Mary-Ann Stotko
Moderation:  Marelies Hammerl
Photos, Digitalisierung der anlogen Bilder Archiv Familie Paula (2.3.4) und Lektorat: Ludwiga Baronin Herman

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