Die „Lederer“ – unter diesem Namen ist Margarete Lechners Familie seit ca. 1840 bekannt. Der Grund? Ihr Urgroßvater und Großvater waren Pöttmeser Gerber. Einmal im Monat lud der Opa seine Ware auf sein Motorrad, fuhr nach Augsburg und verkaufte das Leder an Schuhmacher. Doch im Jahre 1925, als Geld stetig an Wert verlor, entschloss er, Schuhe als Bezahlung zu nehmen. Das erste Paar Schuhe kaum ausgepackt, da klingelte es an der Tür. Der Pfarrer brachte Schuhe mit durchgelaufenen Sohlen zum Reparieren. Er verließ das Haus mit neuen Schuhen, und damit fing der Schuhhandel bei den „Lederern“ an. Das Schuhgeschäft prägte Margaretes ganzes Leben.
Margarete Lechner stammt aus einer Familie von starken, geschäftstüchtigen Frauen. Die Oma versorgte die Pöttmeser mit Schuhwerk, während die Mutter als Hutmacherin die Bekleidung der Frauen mit eleganten Kopfbedeckungen veredelte. Der Vater, Martin Meitinger, war Konditor beim Kaffee Hartmann. In den frühen Dreißiger Jahren blühte Pöttmes. Kaffee Hartmann war ein Anziehungspunkt für Pöttmes und Umgebung. Sonntags radelte man zum Kaffeetrinken und die Damen nutzen die Gelegenheit, um neue Hüte im Hutgeschäft nebenan anzuprobieren. Drei Stände bei der Pöttmeser Gewerbeschau 1935 bezeugten die Geschäftstüchtigkeit von Margaretes Familie.
Doch ab 1939 verblieben von den schönen Zeiten nur noch Erinnerungen. Der Vater wurde eingezogen. Das Leben war auf das Allernötigste beschränkt. Die Mutter Thekla und die Eltern hielten das Hutgeschäft und das Schuhgeschäft über Wasser. Während der schweren Kriegsjahre war Theklas Ehemann Martin immer gegenwärtig in ihren Gedanken. Die vielen Briefe ihrer Eltern aus dieser Zeit bewahrt Margarete noch heute liebevoll auf. 1948, als sie fünf Jahre alt war, kehrte ihr Vater endlich aus russischer Gefangenschaft in Sibirien heim. Seine Rückkehr bescherte ihr einen Vater und den Pöttmesern das heißbegehrte Gebäck. Nach kurzer Zeit kamen die ersten Anfragen nach Torten. Doch Martin hatte weder Küche noch Werkzeug. Die Oma zog aus ihrer Küche aus und machte Platz für Martins Kunstwerke. Die Boarische Beppie war die erste „Kundin“, die ganz stolz eine Meitinger Torte über den Erdweg nach Hause getragen hat. Martin öffnete Konditorei Meitinger im „Ledererhaus“. Thekla übergab Hut und Schuhläden an ihre jüngere Schwester Maria Pracht und arbeitete Seite and Seite mit ihrem Mann in der Konditorei. Heute noch schwärmen die Leute vom Meitinger Nusskranz und vom „Baumstamm“.
Nach 1949 ist die Einwohnerzahl von Pöttmes durch die vielen Heimatvertriebenen stark gewachsen. Auch Margaretes resolute Lehrerin Walpurga Pfeiler gehörte dazu. Ihre Entschlossenheit und Weisheit hat Margarete nie vergessen: „Mädels ihr müsst alle was lernen – schaut, ich habe alles verloren, aber was ich gelernt habe, das konnten sie mir nicht wegnehmen.“ Auch die Lebenseinstellung der Eltern und Großeltern legten das Fundament für Margaretes Leben: einen Beruf erlernen, hart arbeiten und selbst für den Lebensunterhalt sorgen. Selbstständigkeit war bei den Frauen der Familie großgeschrieben.
Nach ihrem Schulabschluss war Margaretes Berufsweg eindeutig: Berufsschule in Aichach und eine Lehre als Kauffrau im Familien-Schuhgeschäft. Im Jahre 1966 heiratete sie den Oberbernbacher Bankangestellten Konrad Lechner. Gemeinsam haben sie den heutigen Laden Schuhhaus Lechner gebaut. „Er war das größte Glück meines Lebens. Ohne ihn hätte ich es nie geschafft“, sagt Margarete, die über Jahrzehnte den Schuladen betrieb.
Sie ist froh, dass eines ihrer drei Kinder, Sigrid Lechner-Rummel, das Geschäft in der vierten Generation weiter führt. Mit dem Schuhladen vereinte Margarete das „Lederer“ Gewerbe ihrer Ur-und Großeltern mit Mutters Leidenschaft für Mode. Die Familie Meitinger/Lechner ist eben fest in der Pöttmeser Geschäftsgeschichte verankert. Gestern, heute und hoffentlich auch morgen.